Vor grüner Werbung ist man heute kaum mehr sicher. Überall werden Produkte als besonders klimafreundlich oder nachhaltig angepriesen. Ist das zu viel des Guten? Wie Greenwashing funktioniert und warum es Unternehmen immer wieder falsch machen.
„Papa, du sagst doch, du machst was für die Umwelt“, sagt ein Junge zu seinem Vater während einer Zugfahrt. Der Vater lächelt bloß und balanciert seine grüne Bahncard zwischen den Fingern. Jetzt könne jeder etwas für die nächste Generation tun, denn Bahncardbesitzer führen jetzt mit 100 Prozent Ökostrom! Nach eigenen Angaben hat die deutsche Bahn damit „einen Meilenstein in Sachen Klimaschutz gesetzt.“
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Zum ersten April 2013 hat die Deutsche Bahn den Fernverkehr zu 100 Prozent auf Ökostrom umgestellt. Das erfährt der Kunde auf fast jeder aktuellen Anzeige. Selbst herausfinden muss er hingegen, dass laut dem statistischen Bundesamt im Jahr 2011 2,4 Milliarden Fahrgäste mit dem Nahverkehr und nur 120 Millionen Kunden mit dem Fernverkehr der Deutschen Bahn gefahren sind. Selbst herausfinden muss der Kunde auch, dass der von der Bahn eingekaufte Ökostrom zum Großteil aus Wasserkraftwerken von RWE und Eon kommt. Diese Wasserkraftwerke laufen teilweise schon seit Jahren. Somit verbessert sich zwar der Strommix bei der Deutschen Bahn, für Deutschland verschlechtert sich der Mix aber in gleichem Maße. Zum Vergleich: Die Deutsche Bahn verbraucht im Jahr ungefähr so viel Energie, wie die gesamte Stadt Berlin. Nur ein kleiner Teil der Gesamtenergie kommt aus 48 Windrädern in Niedersachsen und Brandenburg. Der Klimaeffekt geht somit gegen null. Ist das ein Meilenstein oder eher ein Quantensprung?
FOTO: Christian Beilborn / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz (BY 2.0 DE)
MONTAGE: Antonia Buresch, Lennart Häusser