Keine Scheu bitte: Wen es auf ein Konzert des studierten Experimental-Electronic-Musikers Dan Deacon verschlägt, darf sich auf so einiges gefasst machen.
Wir befinden uns im Molotow auf der Reeperbahn, es ist schätzungsweise drei Uhr morgens und auf der kleinen Bühne des Clubs turnt ein Flummi in Turnschuhen und lila Shirt zwischen zwei Drummern und einem Keyboarder umher. Es ist der exzentrische Dan Deacon, der dort gerade sein eigenes Mikrofon über die wummernden Lautsprecherboxen reibt. Kurz zuvor hat er das Publikum aufgefordert, in dessen Mitte eine kreisrunde Manege freizugeben und willkürlich zwei Nicht-Freiwillige aus der Menge gewählt, um sie im Zentrum zu platzieren. „This is going to be a dance battle and there are only two rules: Sexy as hell! And Everyone has to do it!”
Schon setzt ohrenbetäubende Musik ein und unter Anfeuerungsrufen des erleichterten Restes, der von der Wahl verschont blieb, geben die beiden Tänzer einfach alles. So ganz zurücklehnen darf man sich als beobachtender Teil der Masse allerdings nicht, denn nach kurzer Zeit verlässt die Kämpfenden leider schon Energie und Mut. Flugs wird ein überrumpelter Ersatz am Ellenbogen in die Arena gezerrt. Es bleibt keine Wahl: Everyone has to do it!
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Mehr als unterhaltsame Mitmachaktionen wie diese machen schnell wett, dass wir knappe eineinhalb Stunden auf den amerikanischen Hauptgang warten mussten. Zugegeben, Berliner Produzent Kalipo war zwar als Vorspeise auch nicht zu verschmähen, dennoch waren wir ungeduldig gespannt auf den für seine interaktiven Bühnenshows bekannten Dan Deacon. Und eine Show bekamen wir! Einen Jemand, für den das vertretene Genre noch akustisches Neuland bedeute, hätte vielleicht bereits der zum Bombastischen tendierende – ja man muss sagen – Ausbruch des Konzertes verschrecken können. Nicht jedoch die ekstatische Fangemeinde, die sodann in seligem Pogen und Rempeln aufgeht. Und vielleicht hat sogar manch einer durch die verzerrten Klänge hindurch und über die kreischenden Synths hinweg den Song erkannt und die ins Mikrofon geriebenen Lyrics inbrünstig mitgeschmettert. Wen dies alles nicht schon mitreißt, der wird spätestens von der Gallionsfigur in Form eines grünen Plastikschädels, aufgespießt auf einem Stab und aus kristallenen Augen die Szenerie überwachend, gebannt und in die wundersame Welt des Dan entführt.