Schon mal ein Gesetz gekippt?

In Deutschland gilt als Deutscher, wer einen deutschen Pass besitzt – und damit alle Pflichten und Rechte eines deutschen Staatsbürgers. Zum Beispiel das Recht, sich als Kandidat bei Kommunalwahlen aufstellen zu lassen. Dass dieses jedoch nicht immer eingehalten wird, zeigt der Fall Onur Yamac.
In Deutschland geboren und aufgewachsen, erlangte er 2006 mit 25 Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft. Für seine Kandidatur als Ratsherr der SPD für die Kommunalwahlen in Niedersachsen in Oldenburg am 10. September 2006, wo er seit 2002 Sozialwissenschaften studierte, allerdings zu spät. Denn bis vor zwei Jahren beinhaltete die niedersächsische Gemeindeordnung Paragraph 35 einen Absatz, der besagte, dass zum Ratsherr nur derjenige wählbar wäre, wer schon mindestens seit einem Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft im Sinne des Grundgesetzes besäße. Dass dieser Satz nicht nur grundgesetzwidrig war, sondern auch nicht der EU-Verfassung entsprach, nach der EU-Bürger EU-weit an Kommunalwahlen teilnehmen können, schien bis auf Onur Yamac keinem aufgefallen zu sein.
Leicht war es trotzdem nicht, dieses Gesetz zu ändern. Nachdem ihm dieser Teil des niedersächsischen Gemeindegesetzes am Tage seiner Einbürgerung bekannt geworden war, folgten Wochen in denen er sich Sätze wie „Der Onur kann nicht an der Wahl teilnehmen, weil er Türke ist“ anhören durfte. Und das, obwohl er nun offiziell eingebürgert war.
Innerhalb der Oldenburger SPD fand er jedoch Rückhalt.
Nachdem er von dieser Regelung erfuhr, wollte er seine Kandidatur noch am gleichen Abend zurückziehen.
„Im ersten Moment will man den Leuten ja keine unnötigen Scherereien machen, also wollte ich mich streichen lassen. Dann hat aber der Vorstand von meinem Ortsverein vorgeschlagen, dass ich mich erst noch mal informieren soll, ehe ich das mache.“
Zum Glück ließ Onur Yamac sich nicht streichen, sondern stolperte über eben jenen Paragraphen im niedersächsischem Gemeindegesetz, der eine Differenzierung vornahm, die so eigentlich nie hätte existieren dürfen.

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