Eine Säule, mit Stars und Stripes umwickelt. Sie wirkt wie ein Totenpfahl. Dahinter stehen vier Mikros vor einem Gepäckträgerband, graue Fliesen, weiße Wände, die Lüftungsschächte an der Decke blau gestrichen, versteckt hinter einem weißen Lampennetz, alles wirkt sehr kühl und karg. Die restlichen Scheinwerfer gehen an, das Rollband kommt in Bewegung, das Publikum verstummt und blickt auf die fünf Schauspieler, die auf dem Rollband hocken. Ihre orangen Overrolls sind ein sehr greller Kontrast und blenden fast. Sie drehen sich einmal um sich selbst , stehen auf und gehen auf das Publikum zu, sehen sich um, suchen den direkten Blickkontakt und fangen an, es wild durcheinander anzusprechen: „Was hast du in Afghanistan gemacht?“ „Kennst du die Taliban?“ „Wo ist Osama bin Laden?“… Trommeln ertönen, die nächste Szene beginnt.
Der Kieler Flughafen ist eine eigenwillige Kulisse für ein Theaterstück, das in Gefängnissen, Käfigen und Isolationskammern spielt. Heute wird hier die Geschichte eines Mannes erzählt, der zur falschen Zeit am falschen Ort war, der viereinhalb Jahre seines Lebens in Guantanamo Bay gefoltert wurde: Murat Kurnaz. „Fünf Jahre meines Lebens“ basiert auf der Grundlage seines gleichnamigen Erlebnisberichtes über die Jahre der Gefangenschaft.
Die Schauspieler selber sagen, sie wollten das Buch noch mal erzählen, da die Geschichte von Kurnaz sehr schnell in Vergessenheit geraten sei. Ihr Anliegen sei, „mit Leichtigkeit über eine Tragikzu erzählen“ und nicht, sich selbst in Kurnaz hinein zu versetzen, da es ohnehin unmöglich wäre, seine Gefühle und erlittenen Qualen nachzuvollziehen. Es ist ein schmaler Grat, den die fünf jungen Schauspieler begehen. Aus dem Koran zitieren, ohne anmaßend zu wirken. Darstellen, ohne wertend zu sein. Erzählen ohne zu dramatisieren, mit Fakten und Gefühl.
Nur ganze 15 Tage hatten sie zum Proben des Stückes, unter der Regie von Nina Pichler. Normal seien eigentlich sechs Wochen, aber da das Stück im Rahmen des Nachwuchs Theaterfestivals „Feuertaufe“ in Kiel aufgeführt wurde, blieb nicht viel Zeit zur Vorbereitung.