Jule Lutteroth ist stellvertretende Chefredakteurin von SPIEGEL ONLINE. Mit ihr haben wir uns über die aktuellen Veränderungen in der Medienbranche, die Zukunft von Print und die Anforderungen an junge Medienmacher unterhalten. Außerdem erzählt sie, warum der 11. September so entscheidend für die Online-Branche war.
Frau Lutteroth, was sind Ihrer Meinung nach die größten Veränderungen, die die Medienbranche in den vergangenen 5 Jahren erlebt hat?
In den vergangenen Jahren hat eine Digitalisierung unseres Lebens stattgefunden, ermöglicht durch neue Geräte wie Smartphones und Tablets. Und befeuert durch befeuert durch Socialmedia. Unsere Leser brauchen heute keinen Zeitungskiosk mehr und keinen Computer. Es reicht der Griff in die Hosentasche, wo das Smartphone steckt. Darauf muss die Medienbranche reagieren. Der Drang nach ständiger Information hat zugenommen. Das merken wir ganz besonders im Mobil-Bereich. Die Zugriffe auf Apps wachsen stark, dagegen bleiben die Internetklicks relativ konstant.
Wenn alles immer schneller wird und die Menschen rundum informiert werden wollen, worin liegt die größte Herausforderung für Sie?
Wir wollen so schnell und so akkurat wie möglich informieren. Heute stellen wir fest, dass die Nutzer viel früher auf unsere Seiten zugreifen. Einen ersten Ansturm hat die Seite schon um sechs Uhr morgens. Das sind Mobilnutzer, die auf dem Weg zur Arbeit die neusten Nachrichten suchen. Wenn sich beispielsweise Sami Khedira beim Freundschaftsspiel gegen Italien verletzt, berichten wir darüber am Abend. Am nächsten Morgen suchen die Leser Hintergrundinformationen zu diesem Thema. Warum ist das passiert, was hat das für Folgen? Um solche Themen schnell und akkurat behandeln zu können, zahlt sich eine große Redaktion wie unsere aus.
„Tageszeitungen stehen in einem großen Konflikt mit ihren eigenen Internetauftritten“
Was sind die Stärken von SPIEGEL ONLINE im Vergleich zu anderen Nachrichtenseiten?
Dass sich in einem Verlag zusätzlich eine so starke Online-Redaktion herausgebildet hat, ist einzigartig. Der SPIEGEL hat in der Vergangenheit viel Wert auf den Bereich Online gelegt – andere Verlagshäuser haben das Medium lange Zeit nur als Nebenprodukt verstanden. Tageszeitungen haben zudem den Nachteil, dass sie Nachrichten am kommenden Tag in ihrer Ausgabe verkaufen möchten. Wenn sie diese alle vorab kostenfrei im Internet veröffentlichen, ist dies ein Problem. Diesen Grundkonflikt hat der SPIEGEL als Wochenmagazin einfach nicht.
Bedingt der Online-Bereich, viele leichte Themen zu veröffentlichen, die man unterwegs leicht lesen kann?
Die zentralen Felder des SPIEGEL – Politik, Wirtschaft, Gesellschaft – findet man in beiden Formaten. Natürlich darf die Analyse der Steuerpläne oder die Bewertung der Koalitionsgespräche nicht fehlen. Im Online-Bereich ist der Begriff Gesellschaft breiter gefasst. Wir berichten auch über leichte Themen wie einen wildgewordenen Elch in Schweden oder die jüngsten Lästereien von George Clooney. Zum Leben gehören auch bunte Geschichte.