Gedanken zu Europa

Der Europabegriff erfreut sich vielfach keiner großen Beliebtheit. Viel Negatives wird mit ihm verbunden. Nicht selten wird Europa als ein bürokratisches Monstrum dargestellt, das unseren Alltag verregelt, unsere nationalen Interessen missachtet und immer mehr Kompetenzen an sich reißen will. Je größenwahnsinniger es uns in seinem Expansionsstreben erscheint, desto machtloser gibt es sich dafür in der internationalen Politik. An diesem Eindruck wird vorerst auch der neu erschaffene Posten eines europäischen Außenministers kaum etwas ändern können. Zudem gilt Europa seit Langem als wahnhafter Agrarberserker, der seinen Millionen Bauern Riesensummen von Steuergeldern für nutzlose Leistungen ziellos in den Rachen wirft. Leicht erliegt man dem Eindruck, in Europa einen bürgerfremden Superstaat zu sehen, der irgendwo im Hintergrund die Fäden zieht: machtbesessen, undurchschaubar und abgestumpft gegen jede Kritik.

Doch man muss sich fragen, ob derartige Eindrücke Europa wirklich charakterisieren. Sind sie nicht vielmehr Ausdruck von groben Unwissen oder gehässiger Negationslust? Sicher lässt sich Vieles an Europa kritisieren, und es wird auch viel kritisiert. Die vielen Vorteile der europäischen Einigung finden dabei jedoch keine Beachtung oder werden als selbstverständlich vorausgesetzt. Hört man gelegentlich doch einmal etwas Gutes über Europa, sind es im Wesentlichen drei Punkte, die angeführt werden: Zuallererst wird schon fast rituell der Friedensgedanke hervorgehoben, der durch die europäische Einigung endgültig realisiert werden konnte. Zum Zweiten werden gerne der freie Personenverkehr und die erfolgreiche wirtschaftliche Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten sowie die für einen erheblichen Teil der Gemeinschaft bereits realisierte gemeinsame Währung erwähnt. Und nicht zuletzt wird auch der daraus resultierende ökonomische Erfolg gepriesen, den Europa für viele seine Mitglieder oftmals mit sich gebracht hat. Aber auch vor diesen Punkten schreckt die Kritik schon nicht mehr zurück. Es wird gefragt, ob es nicht vielmehr der Nordatlantikpakt (NATO) war, wenn nicht sogar die nukleare Abschreckung, die den Frieden in Europa so lange gesichert, ja regelrecht erzwungen hat. Es wird gefragt, ob zum Beispiel der freie Personen- und Warenverkehr nicht auch durch gewöhnliche Verträge zwischen den europäischen Staaten hätte realisiert werden können, ohne dabei einen riesigen und machthungrigen politischen Frankenstein zu erschaffen, der danach strebt seine Mitglieder zu entmündigen und sich einzuverleiben. Und was den ökonomischen Erfolg angeht, so lässt sich auch dieser, angesichts der momentanen Griechenlandkrise und den allgemeinen ökonomischen Verwerfungen in den letzten Jahren (Stichwort: Finanzkrise) auch leicht infrage stellen.

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