Von der Platte auf‘s Papier

„Da oben! Guck mal!“ Über unserem Kopf rauschen Zeitungen in langen Bahnen vorbei. Gerade sind wir in der Von Stern‘schen Druckerei in Lüneburg angekommen, der ältesten, sich noch im Familienbesitz befindlichen Druckerei der Welt. Zu dritt haben wir uns aufgemacht um endlich einmal herauszufinden, wie und wo Freihafen eigentlich gedruckt wird und wie es generell in einer Druckerei so vor sich geht. Aufgeregt folgen wir dem Geratter und den Geräuschen in die Richtung aus der die Zeitungen angefahren kommen.
„Ich wollte immer schon mal wissen, wie das eigentlich alles funktioniert beim Druck einer Zeitung“, brülle ich zu Sophie hinüber. In einem großen Raum voller riesiger Maschinen finden wir jemanden und werden freundlich begrüßt. Er führt uns in einen kleinen Raum, in dem wir auf einem Pult schon ein heiß ersehntes, frisch gedrucktes Exemplar liegen sehen. „Hier wird noch einmal kontrolliert, ob auch alles richtig klappt und die fertigen Exemplare keine Fehler aufweisen“, erklärt er. „Ständige Qualitätskontrollen in allen Produktionsschritten sind essentiell für ein perfektes Endprodukt. Dieses hier zum Beispiel…“ – Er zeigt auf einen Stapel von Ausgaben – „…sind Fehldrucke. Dort stimmt etwas mit den Farben nicht.“ Nun geht es wieder zurück in den Raum, wo die druckfrischen Zeitungen in einer endlosen Reihe über unseren Kopf hinweg rattern. „Von hier aus werden sie direkt in den Versand transportiert, wo sie anschließend gebündelt, in Plastik verpackt und versandt werden“, erzählt uns der Mitarbeiter. Und so funktioniert das schon seit Ewigkeiten.

Die Druckerei hat Geschichte und Tradition. Sie befindet inzwischen bereits in der Hand der 14. Generation. Alles begann 1580 mit einer Buchbinderei und Buchhandlung in Lüneburg. Johann und Heinrich Stern gründeten dann 1614 eine Buchdruckerei, welche schnell für ihre kunstvollen Bibeldrucke bekannt wurde. Um 1800 waren dann sieben Buchdruckpressen im Einsatz und 1851 wurde eine Schnellpresse installiert. Seit 1900 wird in zwei Setzersälen gearbeitet und Ende 1949 erschien die „Lüneburger Landeszeitung“ zum ersten Mal. Heutzutage erscheint sie unter dem Namen „Landeszeitung für die Lüneburger Heide“, wird aber nach wie vor in der Von Stern`schen Druckerei gedruckt.
1982 folgte dann der Umzug in das Gewerbegebiet Lüneburg-Ost und Ende 2000 wurde die Fertigstellung einer hochmodernen Druckhalle auf zwei Hektar Fläche für den Zeitungsrotationsdruck beendet, wo eine hochmoderne MANRollen-Offset-Druckmaschine in einem Durchgang eine 48-seitige Zeitung im Berliner Format druckt.
„Unser Team besteht aus zehn Mitarbeitern und dank der flachen Hierarchie in unserem Unternehmen, können Entscheidungen schnell getroffen werden. Teamfähigkeit ist unserer Meinung nach die Vorraussetzung für großartige Leistungen“, erzählt der Mitarbeiter weiter,„Unser Motto: Geht nicht, gibt’s nicht! hat sich immer wieder bestätigt“, sagt er und lacht.

Aber nun zum eigentlichen Ablauf des Druckens:
Zuallererst werden die Druckplatten hergestellt. Davon braucht man vier Stück, da jede Farbe eine eigene Platte bekommt. So haben wir dann eine Platte für die rote Farbe, eine blaue, eine die nur die gelben Flächen druckt und schließlich eine für die schwarze Farbe. Diese Farben werden nun in einzelnen Schritten nacheinander übereinander gedruckt, nachdem die Druckplatten in die Druckmaschine eingespannt wurden, damit im Endeffekt dass komplett farbige Bild entsteht.Wir dürfen die Treppe an der Seite der großen Maschine hinaufsteigen und können aus nächster Nähe beobachten wie die Farbe aufs Papier kommt. Noch sind es keine einzelnen Seiten sondern lange zusammenhängende Bögen, welche aber von der großen Maschine im nächsten Schritt auch gleich geschnitten, gefaltet und zusammengesetzt werden. Nun haben die frischgedruckten Seiten das Format wie wir es kennen.
Das Transportband, von dem die frischen Blätter nun weiter transportiert werden, befindet sich hoch über unseren Köpfen. Von ihm hängen sie nun herab wie von einer Wäscheleine und werden erst durch den großen Raum, dann durch den Flur und anschließend in den Versandraum im vorderen Bereich der Druckerei gefahren. Unterwegs können sie noch einmal vollends trocknen. Das Ganze passiert in einem solchen Tempo, dass einem fast schwindelig wird.
„Wie kommt man eigentlich von den Daten zu den Platten?“, fragen wir. „Die Daten unserer Kunden erhalten wir als PDF-Dateien“, erklärt er, „Heutzutage, wo alles digital abläuft, kommt der Vorstufe, die auch Prepress genannt wird besondere Bedeutung zu.“ Hier werden alle Daten vor dem Druck noch einmal aufgearbeitet. In der Vorstufe entscheidet sich auch individuell ob das Produkt konventionell gedruckt wird oder im so genannten Computer-to-Plate-Verfahren (CtP). Bei diesem Verfahren werden die Daten direkt auf die Druckplatte belichtet. „Spannend, mal zu erfahren wie viel Arbeit eigentlich in so einer Zeitung steckt.“ flüstert Kimjana, „Man macht sich das so selten bewusst.“ Die „Landeszeitung Lüneburg“ mit ihrer täglichen Auflage von 35.000 Exemplaren wird von Sonntag bis Freitag auf der Rollen-Offsetdruckmaschine gedruckt. Außerdem werden hier Wochen- und Monatsblätter, sowie aktuelle Beilagen und Prospekte produziert.

Als die Maschine dann irgendwann langsam zum Stehen kommt, wird es auf einmal ganz still um uns. Wir dürfen jetzt noch zuschauen, wie Freihafen versandfertig gemacht wird. Der zuständige Mitarbeiter erklärt uns: „Zum einwandfreien Druck gehört auch die Verarbeitung danach.“ Neben uns stehen die Paletten mit den in Plastik verpackten Zeitungspaketen. Sie riechen noch nach frischer Farbe. Jeder von uns darf sich ein frisches Exemplar nehmen. Wir bedanken uns herzlich und machen uns, mit einem Kopf voller Infos und mit dem frischgedruckten Exemplar in der Hand, befriedigt und stolz auf den Weg nach Hause.

ILLUSTRATION: Daniel Persy

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