Keine Vorband, kein langes Aufbauen, keine Warm-Up-Hymne: Eine halbe Stunde nach Einlass kommen ein paar Männer in Freizeitklamotten grußlos auf die Bühne, stimmen die Instrumente und fangen an zu spielen. Erst als die Keyboarderin Maggie im schicken kleinen Schwarzen an ihr Instrument tritt wird klar, das waren nicht die Bühnentechniker, das sind sie schon, die Hidden Cameras.
Die kanadische Band formiert sich seit der Jahrtausendwende in wechselnder Formation um Sänger und Songwriter Joel Gibb. In Toronto treten sie schon mal mit bis zu zwanzig Musikern auf. Die Europatour eröffneten sie am zwölften März im Kampnagel zu siebt. Aber auch in der Kleinbesetzung, ohne Gogo-Tänzer, im karierten Hemd und Wollpullover statt in Glamour-Kostümen, kann die Gruppe begeistern. Joel Gibbs Stimme zieht von Beginn an in ihren Bann. Anstatt mit einem der Hits wie Ban Marriage einzusteigen, eröffnen sie den Abend mit zwei Balladen. Die Musiker wirken anfangs angespannt, spielen konzentriert, mit ernsten Gesichtern. Nach und nach löst sich aber die Spannung und Sänger Joel erfreut das Publikum mit seinen Deutschkenntnissen. „Grüß Gott Hamburg!“, das hört man hier nicht oft. „Wir sind gerade vom Fliegen, wir haben einen…wie sagt man deutsch,… Jetlag?“ Das Publikum bestätigt fröhlich und vielstimmig: „Jetlag!!“.
Die Show gewinnt an Fahrt, Musikanten und das sehr gemischte Publikum tauen langsam auf und bald tanzen die ersten Reihen ausgelassen zu der bunten „Gay Church Folk Music“. Ihre Songs gehen ins Bein. Nebenbei erzählen sie viel von (meist schwuler) Liebe, diversen Sexualpraktiken und verbotener gleichgeschlechtlicher Heirat.
Die beeindruckendste Bühneperformance legt der kahlköpfige Geiger hin. Wahrscheinlich gibt es wenig Kollegen seines Faches, die so energiegeladen, von Lüftsprüngen, Steppeinlagen und Freudenschrein begleitet, die Saiten bearbeiten.
Ein angenehm ausgeglichen eingestellte Soundanlage und die freundlichen Servicekräfte runden den Abend ab und nach zwei Zugaben verlässt die Band den Kampnagel und die Hansestadt in Richtung Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Am 18.04.2010 gibt es sie noch mal in Berlin zu sehen.
FOTO: Laura Höflinger