Ben Stiller – das steht für skurrile, ins Lächerliche gezogene, meist peinliche Gags, zu tausend aneinander gereiht und im Grunde überflüssig. Wer bei „Meine Braut ihre Schwiegereltern und ich“ noch angenehm belanglos auf seine Kosten kam, dürfte von „Nachts im Museum“ schon eher entsetzt gewesen sein und fortan stets bemüht den Namen des Hauptdarstellers zu umschiffen.
Verständnis also all denjenigen, welche bei der Ankündigung des neuen Tobis’ Filmes „Greenberg“ erst einmal versucht waren die Flucht zu ergreifen: Ben Stiller in der Hauptrolle – muss das denn sein? Wer allerdings in genau diesem Moment das Nötige Maß an Leidensbereitschaft gezeigt hat, durfte sich freuen. Denn in Noah Baumbachs Film über das ungeschönte Leben wird der Zuschauer wohl zum ersten Mal des schauspielerischen Talents Ben Stillers gewahr. Dieser zeigt sich in einer für ihn höchst untypischen Rolle – ganz ruhig, ganz unaufgeregt, ganz echt.
Roger Greenberg (Ben Stiller), ledig, depressiv und etwas orientierungslos, ist gerade aus der Klinik entlassen und soll nun sein Leben weiterführen – doch wie? Eine weltbewegende Idee hat er nicht, doch das stört im Grunde kaum: Greenberg entschließt sich ganz einfach, „nichts“ zu tun. Und das zunächst im Haus seines Bruders in L.A., auf das er während dessen Abwesenheit aufpassen soll. Kein schlechtes Angebot, denn neben freier Kost und Logis gibt es da noch Florence (Greta Gerwig), Nanny der Familie, die jederzeit auf Abruf bereit steht. Außerdem könnte Roger in L.A. endlich einstige Kameraden treffen und sich an die „guten, alten Zeiten“ erinnern. Nach seiner Ankunft wird jedoch schnell klar: Roger ist anders. Alltägliches fällt ihm schwer, der Umgang mit Florence ist verkrampft und mit den Freunden von früher verbindet ihn nur noch seine Erinnerung. Greenberg scheint den Absprung aus der Jugend als einziger nicht absolviert zu haben. Während sein Umfeld die wilden Jahre hinter sich gelassen und ein bodenständiges Leben aufgebaut hat, schwebt Greenberg praktisch im schwerelosen Raum. Kein Wunder also, dass er sich schnell auf die 25jährige Florence fokussiert. Sie ist wie Greenberg weitestgehend orientierungslos, mit dem Unterschied, dass sie noch an eine tiefere Bedeutung des Lebens glaubt. Obwohl Greenberg und Florence, die 15 Jahre Altersunterschied nicht beachtet, hervorragend zusammen passen müssten, muss der Zuschauer bei jeglichen Einblicken in ihre Beziehung mitleiden. Vor allem die verkrampften Intimitäten fördern intensivstes Fremdschämen zu Tage. Hier wird eindeutig klar: Dies ist kein typischer Hollywood Film. Die Protagonisten schweben nicht auf „Wolke 7“, sondern finden eher aus Solidarität zusammen. Sie haben keinen perfekten Sex, sie sehen nicht überirdisch schön aus. Tatsächlich sind sogar sämtliche Pickel zu finden, die Kunde von Designeroutfits scheint nicht zu den Charakteren vorgedrungen und ihr Leben lässt sich endlich einmal mit dem allgemeinen Verständnis von „Alltag“ vereinbaren.
Unterstützt wird die Handlung durch einen geschickten Einsatz der Filmmusik. So vermittelt, etwas absurd, gerade die musiklose erste Szene sehr gelungen die natürliche,unaufgeregte Atmosphäre und stimmt den Zuschauer optimal auf ein Stück „Realität“ ein.
„Greenberg“ ist kein Film den man sieht, um dem Trott zu entfliehen. Er stellt keinen Urlaub vom Alltag dar und ruft auch nicht dazu auf, das eigene Leben umzukrempeln in der Hoffnung etwas „ganz großes, gewichtiges“ zu vollbringen.
Propagiert wird sogar das Gegenteil: Das Leben ist mitnichten perfekt – wohl eher passabel. Finde dich damit ab und richte dich so gut wie möglich ein. Lehne dich zurück, mache es dir bequem, so wie dir geht es auch dem Rest der Welt. Für mich ergibt sich daraus: Leute, wenn ihr sowieso bereits mitten in einer Krise steckt, schaut euch waschechte Hollywoodstreifen an, die nie wahrhaftig an das eigene Leben erinnern. Lasst euch berieseln. Ach ja und an alle anderen, so traurig es ist: „Greenberg“ muss man nicht gesehen haben. Irritierenderweise genau deshalb, weil er perfekt seine Intention erfüllt – ein Spiegel der Realität zu sein. Doch den Machern könnte dies sogar noch gefallen, denn, ja, auch so ist es eben, das „wahre“ Leben.