Schlumper von Beruf

Atelier von Tonki

Farbkleckse, Buntstifte, ausgeschnittene Zeitungsschnipsel, skurrile Figuren. Ein buntes Wirrwarr erwartet einen hinter der Tür der alten Rinderschlachthalle an der Feldstraße.

Verantwortlich hierfür sind die Schlumper, eine Gruppe von Künstlern. Alle arbeiten unterschiedlich, aber was sie gemeinsam haben ist eine mal größerer, mal kleinere Behinderung. Was auf den ersten Blick deutlich wird ist, dass die Schlumper keine maltherapeutische Werkstatt bilden, sondern als Ateliergemeinschaft, ihr Augenmerk auf die bildende Kunst legen und das bereits seit den 1980ern, wo sich um den Hamburger Maler Rolf Laute, künstlerische Talente mit unterschiedlichen Behinderungen versammelten.
Volker Schmidt, der freie Künstler und Gruppenleiter der Schlumper, hat mir dabei geholfen, das schöne Durcheinander zu verstehen. Bereits seit zehn Jahren unterstützt Volker die Schlumper in ihrem Credo, welches sich oftmals durch Arbeiten kennzeichnet, die unbewusst, spontan und expressiv ungebunden sind. Als Gruppenleiter hat man die Aufgabe, die Talente der Schlumper zu fördern, indem man ihnen Techniken vermittelt, die auf ihre Handicaps abgestimmt sind und welche sich am besten dazu eignen ihren künstlerischen Ausdruck zu vermitteln, erklärt mir Volker in seiner Werkstatt.

Hauptsächlich hilft Volker beim Grundieren der Kupferplatten und beim Drucken der Radierungen.

Aber die Gruppenleiter stehen den Schlumpern auch unterstützend und inspirierend zur Seite. Sie bieten Orientierungen mittels Printmedien oder kunsthistorischen Büchern, welche dann vom eigenen Stil der Schlumper abstrahiert werden. Zudem werden Ausflüge in die soziale Wirklichkeit zur Inspiration der Künstler angeboten. Volker betont dabei die Wichtigkeit der Beibehaltung des stilistischen Eigenvermögen der Künstler.

Die Anfänge der Schlumper gehen zurück ins Jahr 1984, genauer in die Straße „Beim Schlump“. Der Straßenname ist Programm denn: „Was ohn Vorgedanken ohn Kunst, unversehens geschieht das ist Schlump, der unvermutete Glücksfall“, so heißt es im Grimmschen Wörterbuch.

Seit 1993 bietet das Arbeitsprojekt „Schlumper von Beruf“ Menschen mit Handicap einen festen Arbeitsplatz, unterstützt wird das Ganze vom Förderverein Freunde der Schlumper e.V.
1995 wurde das zweite Atelier in der Thedestraße 99 in Altona eröffnet und 1998 fand der Umzug vom Schlump in die alte Rinderschlachthalle statt. Die Schlumper gehören zur evangelischen Stiftung Alsterdorf, welche sie seit 2002 verantwortet.

Am 27. Juni eröffneten die Schlumper ihre neue Galerie in der Markstraße 13. Einige Tage später war ich dort abends zu Besuch und traf erneut auf Volker. Das chaotische Durcheinander ist hier umgeschwankt. Die Kunstwerke befinden sich nicht mehr in der Nähe der Arbeitsplätze, zwischen unfertigen Arbeiten und ausgegossenen Farbeimern, sondern in einem klar strukturierten Konzept. Die aktuelle Ausstellung „Blick zurück nach vorn“ zeigt Arbeiten aus den Anfängen der Ateliergemeinschaft, aber auch aktuelle Arbeiten der Ateliergemeinschaft. Ordentlich und anders, aber genau so sehenswert.

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Von Ninva Urheu

Bis Oktober 2013 habe ich in Rietberg auf dem Land gelebt, aber über 19 Jahre Landluft haben dann auch gereicht und ich entschied mich den Kiez ein wenig unsicher zu machen. Nebenbei studiere ich Kulturanthropologie und Kunstgeschichte an der Uni Hamburg. Es hatte gar nicht all zu lange gedauert, da habe ich im November eine Freihafenausgabe in der Uni gefunden und bin noch in der selben Woche zum Redaktionstreffen. Inzwischen bin ich ein Teil der Chefredaktion (Bildredaktion).

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