89 Jahre alt ist Ingmar Bergman geworden, bevor er letztes Jahr am 30. Juli in seinem Haus in Schweden starb. Viele bezeichnen ihn als den besten Regisseur überhaupt. Auf jeden Fall ist er eine Koryphäe des europäischen Kinos, die viele große Filmemacher inspiriert hat.
„Fanny und Alexander“ aus dem Jahr 1982 sollte eigentlich der letzte Film Bergmans werden, eine Art grandioser (fünfstündiger) Abschied. Diese Art finaler Melancholie hat uns einen tiefgründigen und unterhaltsamen Film beschert.
Fanny und Alexander sind zwei Geschwister, um die Jahrhundertwende in Schweden aufwachsen. In ihrer Großfamilie wird viel getrunken, gelacht und geweint. Doch als der Vater der beiden stirbt, heiratet ihre Mutter einen puritanischen Bischof, der die Erziehung mit Moral und Gewalt in die Hand nimmt. Die kleine Familie findet sich plötzlich gefangen und nun müssen die Kräfte der Großfamilie zusammen mit den phantastischen Träumen Alexanders die Rettung antreten.
Es ist herausragend, wie intensiv die Atmosphäre der verschiedenen Welten gestaltet ist. Schon in der ersten Szene, in der Alexander allein im großen reich ausgestatteten Haus der Ekdahls ist, spürt man die Luft flirren. Die Räume erzeugen eine Spannung, die an Worte wie Schicksal und Ahnen denken lassen. Dieser aufgeladenen Ruhe folgt die Stimmung der offenherzigen Familie. Ein Gemisch an verschiedensten Charakteren, alle tiefgründig, alle interessant. Obwohl es durchaus Streit und Zorn gibt, liegt hier einfach Liebe in der Luft. Es ist die Darstellungsweise einer „guten alten Zeit“ oder eben einer Wahrnehmung eines Kindes, die diese Szenen so rührend macht. Umso schlimmer wirkt dann die lieblose Behausung des neuen Ehemanns. Allein die Atmosphäre ist dort schon so gewalttätig, dass gar nichts anderes passieren muss, um Folter zu befürchten.
Beide Welten sind wohl Teil der Kindheit des Regisseurs gewesen. Sein Vater, ein strenger Geistlicher hat ihn mit harten Erziehungsmethoden bestraft aber auch die Herzlichkeit einer Großfamilie hat ihn geprägt. Manche Szenen dieses Filmes kann man detailsgetreu in seiner Biographie nachlesen.
Als ich den Film das erste Mal sah, stellte ich etwas Merkwürdiges fest: Es ging mir nicht darum, was als nächstes passieren würde. Ich geierte als Zuschauer nicht nach dem nächsten Plot, war ungeduldig, neugierig, wie die Geschichte sich weiter entwickeln würde; hier war ich vollkommen im Moment versunken, war zufrieden einfach die Bewegungen und Taten der mir lieb gewordenen Figuren zu beobachten. Fast überraschend war es, als die Geschichte immer wieder Wendungen nahm, ich konnte einfach dem Alltag dieser Familie zuschauen.
Je mehr man sich dem Film öffnet, desto spannender wird er. Es entfalten sich immer neue Ebenen und Symbole, die entschlüsselt werden wollen. Ich wünsche viel Spaß bei der Entdeckungsreise.
(Bildquelle: http://gothamist.com/2007/11/19/pencil_this_in_367.php)