„Die nackte Wahrheit“ – so hässlich, so schön

Traurig, aber wahr: Schaut man sich heutzutage eine Komödie an, wird man oft enttäuscht. Die meisten Gags kennt man bereits aus dem Trailer, alle Handlungen sind maßlos übertrieben und wer dem Ganzen eine ernstgemeinte Botschaft zu entlocken versucht, kann allenfalls bemitleidet werden.
Das geht auch anders. Der neue Film von Regisseur Robert Luketic („Natürlich Blond“) unterhält, überrascht und klärt auf – all das in 101 Minuten.
Abby Richter (Katherine Heigl) ist eine erfolgreiche Fernsehproduzentin, die immer alles im Griff hat. Nie läuft in ihren Shows etwas schief, für jedes Problem hat sie eine Lösung. Doch gerade dieser Perfektionismus steht ihrem Liebesleben im Wege. Potentielle Freunde schreckt sie durch ihre Kontrollwut ab und so hat sie ihren Traumprinzen, von dessen Existenz sie überzeugt ist, noch nicht gefunden. Als ihr Chef dann auf Grund eines Quoteneinbruches den aufstrebenden Moderator Mike Chadway (Gerard Butler) einstellt, verliert Abby auch im Job die Kontrolle. Ihr neuer Kollege verhält sich wie der Inbegriff allen männlichen Übels und klärt in seiner Fernsehshow „Die nackte Wahrheit“ mit derben Sprüchen über das wahre Wesen der Männer auf.
Als Abby auf ihren perfekt wirkenden neuen Nachbarn trifft, will sie Mike beweisen: Traumprinzen gibt es doch! Und so kommt es zu einem Deal: Beißt ihr Traummann durch seine Hilfe an, darf sie nicht weiter an Mike rumnörgeln. Schafft er es nicht, gibt er seinen Job freiwillig auf. Abby ist überzeugt: Diese Wette wird sie auf jeden Fall gewinnen.
Was folgt ist eine sehr gelungene Mischung aus derbem Witz, Charme, Liebesdudelei und häppchenweise Offenbarung. „Die nackte Wahrheit“ sorgt nicht nur für echte Lacher und verzückte Seufzer, sie bietet zudem auch eine ernstgemeinte, wahrhaftige Botschaft. Wähnt man sich zunächst in einer Ode an die Oberflächlichkeit, wird bald klar, dass der Film das genaue Gegenteil propagiert. Der Zuschauer durchgeht mit den vielschichtigen, sympathischen Hauptcharakteren einen Wandel, der zwar beachtlich, aber nie unglaubwürdig ist. Am Ende steht der Appell, seinen Mitmenschen eine Chance zu geben, sie nicht auf einen Augenblick, eine Handlung festzunageln, und vor allem sich von den gängigen Klischees zu verabschieden. „Die nackte Wahrheit“ streitet die Existenz von Perfektionismus nicht ab, sondern sagt vielmehr, dieser sei schlichtweg nicht erstrebenswert und damit keines Gedanken würdig.
Wer nun denkt die Geschlechterproblematik sei bereits mehr als ausreichend diskutiert, mag generell Recht haben, wird aber dennoch durch „Die nackte Wahrheit“ angenehm überrascht sein. Intelligente, knackige Dialoge und die schauspielerische Leistung Katherine Heigls („Grey’s Anatomy“, „Beim Ersten Mal“)und Mike Chadways („300“, „P.S.: Ich liebe dich“) lassen das typische Thema in ungewohntem Glanz erstrahlen. Und noch etwas: „Die nackte Wahrheit“ macht es uns endlich möglich, gemeinsam mit unserem Angebeteten eine Liebeskomödie zu sehen, ohne das er panische Angst hat, von Kumpels erwischt zu werden – Danke, liebes Hollywood!

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