Nico Semsrott: So macht er Antidepressiva salonfähig

Nico Semsrott
Entwickler von STANDUP TRAGEDY

Trotz seines jungen Alters hatte er schon viele Umwege gehen müssen, was Semsrott nicht bereut. Ob er es jedem empfehlen würde? „Jedes bisschen Mut wird belohnt“, sagt er. Das sei auch Bestandteil seines Programms: Man solle sich das Leben vom Sterbebett aus denken. „Sätze wie ‚Hätte ich bloß  mehr Zeit im Büro verbracht‘ sagt keiner“. Er würde es eher bereuen Dinge nicht auszuprobieren. Gegen schlechte Erfahrungen hätte er nichts, denn es seien immernoch Erfahrungen. Mit dem Stichwort Mut trifft er genau den Nerv der Zeit. Die „Generation Y“ ist zwar auf Selbstverwirklichung und Flexibilität aus, gleichzeitig wird denen aber auch nachgesagt, dass sie mutlos und feige ist.

„Die Zuschauer wollen überrascht werden“

Semsrott arbeitet bei seinem Bühnenprogramm mit Zynismus und Depression. Was er lustig und intelligent aufbereitet, ist in Wahrheit ein ernstes Thema. Die Zahl der Depressiven in Deutschland ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Ist es ein Trendphänomen? Oder sind die Grenzen zwischen echten Problemen und Befindlichkeiten in den letzten Jahren verschwommen? „Ich glaube, dass die heutige Wirtschaftswelt uns zu schaffen macht und wir mehr zunehmend vereinzeln. Für unseren Beruf müssen wir flexibler werden und das auf Kosten von Familie und Freunden.“

2008 startete Semsrott seine Karriere auf der Bühne. Mit unzähligen Auftritten kennt er sich mittlerweile sehr gut aus. Die Teilnehmer, die außergewöhnliches zeigen, hätten mehr Erfolg: „Die Zuschauer wollen überrascht werden. Die Kunst besteht daraus, aus alltäglichen Themen etwas neues zu machen und einen anderen Zugang dazu zu finden.“ Auch er versucht seine Zuschauer dazu anzuregen eine ernste gleichzeitig aber auch unterhaltsame Auseinandersetzung mit der Welt zu haben. Dazu seien Poetry Slams ein gutes Forum um diesen Kontakt zu Menschen aufzubauen. „Aber gleichzeitig sind sie auch ein gutes Sinnbild unserer Zeit und eine Form von bitterer Real-Satire.“ Fünf Minuten und jeder gegen jeden. Es werde um die Wette Unterhaltungskunst gemacht. Nach Semsrott, ist dies „direkt aus dem Leben gegriffen“. Ihm fehlen die Auseinandersetzung mit der Idee.

Die Zukunft des Fernsehens

Im Fernsehen war er unter anderem bei „TV Total“ und „Die Anstalt“ zu sehen. Dort sei er besonders aufgeregt gewesen. „In Live-Shows ist die Nervösität groß, weil so viele Leute einen zeitgleich zugucken. Aber wer weiß, ob die Quotenmesser stimmen. Beim ZDF habe ich eher das Gefühl, dass die Hälfe einfach einschläft und die Zahl deshalb bei 500 Tausend in der Nacht bleibt“, sagt Semsrott lachend.

TV-Sender müssten Neuankömmlinge mehr zutrauen. „Wo sollen gute Fernsehsendungen sonst herkommen?“ Die ersten Folgen der Heute-Show (ZDF) seien nach Semsrotts ermessen „katastrophal“ gewesen. Sie hätten jedoch die Möglichkeit gehabt, sich auszuprobieren. „Es muss die Chance bestehen besser zu werden.“

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