Bevor wir uns „angekommen“ fühlen, durchleben wir zahlreiche Umbrüche. Wie, wann und mit wem wir diese erleben, ist eine Frage der Persönlichkeit. Auf dem Weg zum „Ich“ gibt es jedoch viele Stationen, an denen man scheitern könnte.
Unser ganzes Leben ist ein einziger Umbruch. Vom Säugling werden wir zum Krabbelkind. Wenig später erheben wir uns und beginnen, unsere ersten Schritte auf dieser Welt zu gehen. Sind diese erst einmal gemacht, braucht es nicht lange, bis wir zu Kindergartenkindern werden. Sobald wir die ersten wichtigen Dinge gelernt haben, werden wir eingeschult, durchleben eine aufregende Grundschulzeit, bis wir letztlich in die Oberstufe gelangen und wenn es gut läuft nach einigen harten Jahren das Abitur bestehen. Dann ist es so weit – man ist auf sich allein gestellt, kann selbst entscheiden, welche Umbrüche man erleben möchte. Das ist der Normalfall.
Für den gesunden Durchschnittsmenschen ist der oben beschriebene Ablauf der ersten Lebensjahre selbstverständlich. Was wir für völlig normal wahrnehmen, ist für viele allerdings ein Traum. Um das zu verstehen muss man sich das Leben vorstellen, wie eine Bahnfahrt – es besteht die Gefahr, zu vergessen, wann man aussteigen muss. Man könnte seine Station verschlafen oder etwa durch einen verspäteten Zug nicht rechtzeitig ankommen. Dadurch muss man schon früher als seine Freunde andere Umbrüche durchleben. Einer Freundin von mir, hier möchte ich sie Dana nennen, passierte genau dies. Für viele scheint es, als habe sie einfach ihre Station verpasst. Aber so war es nicht. Dana wollte mit uns aussteigen, aber sie konnte nicht. Wieso, weiß sie selbst nicht genau. Dana hat eine Angststörung, welche es ihr ab der Mittelstufe unmöglich machte, zur Schule zu gehen. Sobald sie sich die Schuhe gebunden und die Jacke übergezogen hatte, überkam sie eine für ihre Freunde unvorstellbare Panik. Zu Beginn ihrer Angststörung gelang es ihr an manchen Tagen, ihre Angst zu überwinden. Lange blieb sie an diesen Tagen trotzdem nicht in der Schule. Irgendwann blieb sie ganz Zuhause. Angst vor Spinnen, Höhe und Wasser sind nichts ungewöhnliches. Die Angst von Dana schon. Angst vor der Schule, Menschen und davor, vor anderen zu sprechen sind den meisten Schülern unbekannt. Deshalb wurden die Gespräche in der Schule über sie lauter. Jeder sprach über „diese Dana“, die keine Lust auf die Schule habe und nur komme, wenn sie gerade mal Lust hätte. Andere hatten verstanden, dass Dana einen Grund hatte, nicht zu kommen.