Vier Millionen Muslime leben laut einer Studie. Sie sind in rund 2500 Gemeinden und vier großen Dachverbänden organisiert und haben in den letzten zehn Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Dass diese Entwicklung bei den Deutschen angesichts von islamistischem Extremismus und Terrorismus auch Ängste und Zweifel hervorruft, zeigte sich bei der Diskussionsveranstaltung „Amtskirche Islam?“ im KörberForum.
Der ehemalige bayrische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU), der ehemalige innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dieter Wiefelspütz, der Vorstandsvorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland Aiman Mazyek und die Soziologin Kerstin Rosenow-Williams diskutierten über die Rolle der deutschen Islamverbände und ihre Entwicklung. Das Thema war durch Frau Rosenow-Williams‘ Doktorarbeit angeregt worden, die sich mit der Entwicklung und dem Selbstverständnis der Islamverbände in Deutschland beschäftigt.
Bereits zu Beginn der Debatte brachte Deutschlandfunk-Chefredakteur Stephan Detjen, der die Moderation übernahm, die Kontroverse mit der Frage „Gehört der Islam zu Deutschland?“ auf den Punkt. Obwohl keiner der Gäste die Frage vollständig verneinte, gab es doch große Unterschiede in der Zustimmung zur Aussage des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Während Dieter Wiefelspütz behauptete, der Islam sei seit 40 Jahren Teil der deutschen Kultur, sagte Günther Beckstein: „Die Muslime gehören zu Deutschland, aber der Islam hat Deutschland in den letzten Jahrhunderten nicht maßgeblich geprägt.“ Die Buhrufe und der Applaus, die diese Eingangsstatements begleiteten, brachten die Emotionalität des Themas deutlich zum Ausdruck, die den weiteren Verlauf der Debatte bestimmte. Über die eigentliche Frage, ob muslimische Dachverbände als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden sollten, wurde dabei gar nicht gestritten. Es ging vor allem um die grundlegende Frage, ob und wie der Islam zu Deutschland gehört und was er eigentlich ist.