Es war ein Theaterabend der etwas anderen Art. Das selbstverfasste Theaterstück „Moha – der Gedächtnisbaum“ ist inspiriert durch den Roman des Schriftstellers Tahar Ben Jelloun und durch eine zweijährige Kooperation zwischen jeweils sieben Studierenden aus Hamburg und Marokko entstanden. Der Roman diente dabei als Denkanstoss für einen interkulturellen Austausch, der sich eindeutig im Stück widerspiegelte. Das Stück hatte keine einheitliche Handlung, es sind viel mehr aneinandergereihte Bilder, das heißt kurze Szenen. Die einzelnen Bilder und Dialoge sind von den Studierenden entwickelt worden und sind teils autobiographisch. In jedem Bild steckt die persönliche Nachricht eines Protagonisten, was das Stück umso persönlicher und emotionaler machte.
Auf der anderen Seite wurde trotz (oder gerade dadurch!) poetisch- verdichteter Sprache kein Blatt vor den Mund genommen. Die Kolonialisierung Marokkos durch Frankreich, der Demokratisierungsversuch durch die USA oder die Sklaverei wurden scharf kritisiert und in persönlichen Geschichten und Bildern dem zahlreich anwesenden Publikum nahe gebracht. Moha, die einzige konstante Figur auf der Bühne, ist hierbei als Medium zu verstehen, dass „Weisheit“ spricht und ermahnt. Dass das Theaterstück teils in deutscher teils in arabischer Sprache aufgeführt wurde, tat dem Verständnis und der Stimmung des Abends keinerlei Abbruch, da sämtliche Darsteller rübergebracht haben, was sie fühlten.
Das Stück ist eine Abrechnung und ein Plädoyer zugleich. Auf der einen Seite wird schonungslos auf Missstände hingewiesen, Schicksale werden poetisch und doch direkt inszeniert. Nichtsdestotrotz lässt sich dieser Abend doch als hoffnungsvolles Plädoyer verstehen. Ein Plädoyer für mehr Verständnis zwischen den Staaten, den Religionen und den Menschen.
Was bei den Proben am vergangenen Freitag schon angedeutet wurde, entfaltete sich am Montag bei der Premiere des Theaterstücks in gänzlicher Pracht: Allen Beteiligten, ob Schauspielern, Dramaturgen oder Helfern, liegt dieses Projekt am Herzen. Diese Leidenschaft rüberzubringen war wohl die größte Leistung der Darsteller. Es wurde gemeinsam gelacht, getanzt und gesungen.
Die Premiere war ein voller Erfolg und das zu Recht. Am Donnerstag soll es vor den lybischen Vertriebenen aufgeführt werden, weitere Termine sollen folgen. Auch wenn es ein Theaterstück war, das nicht in die bekannten Schemata gepasst hat: Es war ein kurzweiliger Abend.