Das Buch „Fotokaraoke“ von Dieter Zinn zeigt, dass wir uns ständig in erneuerten Bildern bewegen, die wir aus erlernten und kopierten Vorlagen wie beim Karaoke übernehmen.
Wer kennt diese Momente nicht: wir stehen vor einer Sehenswürdigkeit wie dem Schiefen Turm von Pisa, stemmen uns mit beiden Händen gegen die Neigung und machen dazu noch eine entsprechende Mimik. Es scheint, als ob wir den Turm vor dem Umfallen retten wollen oder ihn durch unsere imaginären Kräfte zum Umfallen bringen können.
Wir werden Teil des Bildes
Wir gehen somit in das Bild hinein, inszenieren uns dort, synchronisieren uns mit dieser Form von Wirklichkeit und werden Teil eines Bildes, das Millionen andere Touristen auch schon fotografiert haben. Diese Inszenierung würden wir jedoch nie „einfach nur so“ vollziehen, sondern weil wir uns als Teil eines Bildes fühlen.
In seinem Buch „Fotokaraoke“ schreibt Dieter Zinn über dieses Hineingehen, Synchronisieren und Selbst- zum-Bild-werden, über Selbst- und Fremdbilder, Vor- oder gar Abbilder, über Bilder der Träume, des Vergessens und der Sehnsucht.
Philosophisches Denken regt zum Fragen an
Für Dieter Zinn sind Bilder wie Worte und Sätze. Die Philosophie das, was nach Weisheit sucht und Fragen stellt. Für ihn spielt das philosophische Denken eine wichtige Rolle: Es regt zum eigenständigen Denken, Hinterfragen und Reflektieren an und genau das möchte er durch offene Fragestellungen erreichen. Schwarz-weiß Fotografien mit Motiven der Nacht und wenig Bildschärfe vermitteln eine Ahnung über die Unwirklichkeit der gewohnten Wahrnehmungen.
Hinwendung vom Abbild zum Sinnbild
Verstärkt durch Bildunschärfen entsteht eine Distanz zur Welt. Beide Faktoren regen die eigene Fantasie an, die beim Betrachten magische oder poetischen Assoziationen initiieren können. Dabei verändern sich Bilder von Abbildern zu Sinnbildern. So entstehen die Bilder erst im Kopf der Betrachter, die durch den eigenen Blick das Bild in seinem tieferen Sinn entwickeln. „Wir sehen nur, was wir sehen können und sehen wollen“.
Die Fotos in Dieter Zinns „Fotokaraoke“ sind innerhalb der letzten Jahre während seiner Reisen in die Toskana entstanden. Dieter Zinn fotografiert überwiegend nachts, weil in der Dunkelheit die Wahrnehmungen auf die beleuchteten, die hellen Stellen konzentriert werden Der Blick öffnet sich in der Dunkelheit für feine Nuancen und in den Häusern werden die erleuchteten Fenster zu Augen der Nacht.
Das Buch „Fotokaraoke“ hat 248 Seiten samt 55 schwarz-weiß Fotos. Es isthier erhältlich.